Anspruch auf den Pflichtteil im Falle der Enterbung nach dem deutschen Recht

Der Pflichtteil ist ein wichtiger Bestandteil des deutschen Erbrechts, der sicherstellt, dass enge Angehörige nicht vollständig enterbt werden können. Er bezieht sich auf den Anteil am Nachlass, der einem gesetzlichen Erben zusteht, wenn er durch eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) von der Erbfolge ausgeschlossen wurde.

Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht mit dem Tod des Erblassers. Anspruchsberechtigt sind in erster Linie die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder) sowie der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Eltern und Geschwister pflichtteilsberechtigt sein, wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Das zuständige Nachlassgericht eröffnet die letztwillige Verfügung und übersendet den Erben sowie den Pflichtteilsberechtigten das Testamentseröffnungsprotokoll. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Pflichtteilsberechtigten Kenntnis von deren Enterbung erlangen.

Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsberechtigte muss seinen Anspruch gegenüber den testamentarisch bestimmten Erben geltend machen. Es muss beachtet werden, dass der Anspruch innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, an dem der Pflichtteilsberechtigte vom Eintritt des Erbfalls und seiner Enterbung erfahren hat, verjährt. Der Anspruch muss daher rechtzeitig schriftlich gegenüber den Erben geltend gemacht werden, da der Anspruch ansonsten verfällt.

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch auf einen prozentualen Wert an dem Nachlass. Um die konkrete Anspruchshöhe bestimmen zu können, wird daher der Wert des Nachlasses benötigt. Häufig haben die Pflichtteilsberechtigten hierüber keine Informationen. Aus diesem Grund kann von den Erben die Auskunft über sämtliche Nachlassgegenstände, insbesondere Immobilien, Bankkonten – wobei es auf den Kontostand zum Todeszeitpunkt ankommt –, Lebensversicherungen, Bargeld und sonstige Vermögenswerte Auskunft verlangt werden. Außerdem müssen die Erben auch Auskunft über Schenkungen erteilen, die der Erblasser noch zu Lebzeiten an diese verschenkt hat. Daraus könnte sich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten ergeben. Sollte der Erbe die Auskunft verweigern oder unvollständige Informationen geben, besteht die Möglichkeit den Auskunfts- und Pflichtteilsanspruch gerichtlich im Weg einer Stufenklage geltend zu machen.

Der Pflichtteilsanspruch schützt nahe Angehörige vor der vollständigen Enterbung und sollte unbedingt rechtzeitig gegenüber den Erben geltend gemacht werden.